Johannes Tralow,


Romanautor, Erzähler, Dramatiker und Publizist, lebte von 1882 bis 1968. Nach käufmännischer Ausbildung arbeitete er mehrere Jahre als Volontär im Nahen Osten, darunter 5 Jahre lang in Ägypten. Später wurde er Chefredakteur des Lübecker Tageblatts. Ab 1914 begann eine achtzehnjährige Tätigkeit am Theater. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 lebte er zurückgezogen als freischaffender Schriftsteller. Nach seiner Wahl zum Präsidenten des damaligen P.E.N.-Zentrums Ost und West (1951 bis 1960) wurden seine Werke hauptsächlich in der DDR verlegt, in die er in seinen letzten Lebenjahren übersiedelte.

Ausgehend von umfangreichen geschichtlichen Studien hat Tralow seinen Lesern das Tor zu fast unbekannten historischen Welten geöffnet und ihnen in erregenden Handlungen die Kultur- und Sittengeschichte ganzer Völker nahegebracht. Tralows bedeutendstes Erzählwerk ist die Osmanische Tetralogie, auf die ich näher eingehen möchte, denn sie liegt mir wirklich am Herzen. In ihr stellt Tralow den Aufstieg der Osmanen vom türkischen Nomadenstamm zur Weltmacht und deren beginnenden Zerfall dar.



Diesem großartigen Schriftsteller verdanke ich so manche Nächte geraubten Schlafes. Denn wie kein anderer hat er es verstanden, trockene Fakten in einen farbenfrohen Teppich orientalischen Flairs einzuweben. Keiner vermag die Kultur des Orients so wunderbar und gleichzeitig so historisch fundiert zu beschreiben wie Tralow. Es war - und ist - einfach ein Ding der Unmöglichkeit, seine Bücher aus der Hand zu legen, emotionslos aus der Hand zu legen. Tralow schreibt mit einer Leichtigkeit, die einem das Lesen wirklich zum Vergnügen werden lässt.

Ich habe auf dem Gebiet des kulturhistorischen Romans nie wieder einen Schriftsteller auf dieselbe Stufe wie Tralow gestellt. Er ist und bleibt für mich der ungeschlagene Meister dieses Genres.

Eines Genres übrigens, dem ich die heutige Existenz gründlich abspreche. Das sage ich, weil ich nach dem Lesen eines Romans über die Khmer natürlich auf der Suche nach dem Ramayana war. Gut, in einer Buchhandlung habe ich ein Werk mit dem Titel Ramayana gefunden und musste zu meinem Entsetzen feststellen, dass mein Glaubensgrundsatz ;) "wo Ramayana draufsteht, ist auch Ramayana drin" gründlich ins Wanken geriet. Denn was mir als Zusammenfassung auf dem Buchdeckel entgegensprang, war nichts weiter als eine Lovestory auf indischem Gebiet zur Kolonialzeit. Dasselbe ist mir mit dem Mahabharata passiert. Kleine Frage an alle, die nicht beantwortet werden muss: Ist es unbedingt nötig, für einen Roman den Titel eines indischen Heldenepos zu verwenden? Ich glaube nicht.